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Die Gleitsichtbrille einfach erklärt

  • 6 Min. Lesedauer
  • Veröffentlicht am 16. Dezember 2022

Leider ist es eines Tages bei jedem so weit: Wir können die Zeitung oder das Buch nur noch lesen, wenn wir es weit von uns weg halten und unsere Augen zusammenkneifen. Der natürliche Alterungsprozess unserer Augen beginnt und wir leiden an Alterssichtigkeit. Wenn dann die Lesebrille nicht mehr ausreicht, sollte eine Gleitsichtbrille in Erwägung gezogen werden. Wie diese funktioniert, was sie kostet und wie du dich an die Sehhilfe am besten gewöhnst, erfährst du hier.

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Dieser Beitrag wurde überprüft von:Céline Jemmi
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Was ist eine Gleitsichtbrille?

Eine Gleitsichtbrille bietet die perfekte Lösung, wenn du an mehreren Fehlsichtigkeiten leidest. Die Gläser besitzen mehrere Sehstärken mit einem stufenlosen Übergang. Sie können dabei Weitsichtigkeit und Kurzsichtigkeit sowie Alterssichtigkeit gleichzeitig korrigieren. Das scharfe Sehen ist mit einer Gleitsichtbrille auf alle Distanzen möglich.

Die Gleitsichtbrille ist somit vor allem von Vorteil, da du für verschiedene Aktivitäten nicht zwischen mehreren Einstärkenbrillen wechseln musst. So kannst du mit der Gleitsichtbrille beispielsweise sowohl lesen als auch fernsehen.

Wie funktionieren Gleitsichtgläser?

Die unterschiedlichen Sehbereiche sind in Gleitsichtgläsern immer gleich aufgebaut. Sie kommen bei Alterssichtigkeit (Presbyopie) in Kombination mit einer anderen Fehlsichtigkeit zum Einsatz – bist du beispielsweise kurzsichtig und kommt dann die Altersweitsichtigkeit dazu, siehst du in der Nähe und in der Ferne unscharf. Eine Gleitsichtbrille korrigiert dann deine Sicht übergangslos in alle Distanzen.

Im oberen Teil der Gläser sitzt der Fernbereich und wird entweder durch positive oder negative Dioptrienwerte korrigiert, je nachdem, ob du an einer Kurz- oder Weitsichtigkeit leidest. Dieser Wert gibt an, wie stark das auf das Auge einfallende Licht gebrochen werden soll. Diese Sehzone nimmt am meisten Platz auf den Brillengläsern ein und ermöglicht eine scharfe Sicht für alles ab zwei Metern Entfernung.

Der mittlere Bereich ist die Übergangszone, die sogenannte Zwischenentfernung. Diese Zone deckt alle Sehbereiche zwischen nah und fern ab, genauer gesagt alles zwischen 0,5 und 2 Metern. Das Besondere an dieser Zone: Sie gewährleistet einen stufenlosen Übergang in die weiteren Sehbereiche und sorgt so für einen angenehmen Tragekomfort.

Im unteren Bereich der Gleitsichtgläser befindet sich der Nahbereich. Er dient in erster Linie zum Lesen. Die Brechungswirkung im Glas ist um einen Dioptrienwert höher als im oberen Bereich. Somit wird scharfes Sehen für den Träger bis ca. 40 cm ermöglicht.

Was sind die Vor- und Nachteile einer Gleitsichtbrille?

Die Vor- und Nachteile einer Gleitsichtbrille haben wir für dich zusammengefasst.

Vorteile:

  • Sie ersetzt mehrere Brillen. Du benötigst zusätzlich zur Lesebrille keine Brille für die Ferne, sondern kannst für beide Zwecke deine Gleitsichtbrille tragen.
  • Mehrere Fehlsichtigkeiten können gleichzeitig ausgeglichen werden, z. B. Kurzsichtigkeit und Alterssichtigkeit.
  • Angenehmer Tragekomfort durch einen fliessenden Übergang der Sehbereiche.

Nachteile:

  • Längere Eingewöhnungszeit als mit Einstärkenbrillen, da man ein wenig üben muss mit den verschiedenen Sehzonen der Gläser.
  • Unscharfer Rand an den Seiten der Brillengläser kann irritieren.
  • Teurer in der Anschaffung als andere Brillentypen.

Wie gewöhne ich mich an eine Gleitsichtbrille?

Die Anfangszeit mit Gleitsichtgläsern kann sehr gewöhnungsbedürftig sein und es kommt in manchen Fällen zu unangenehmen Nebenwirkungen wie Schwindel, Kopfschmerzen oder Irritationen. Nicht nur unser Gehirn benötigt Zeit, um sich an das neue Sehen zu gewöhnen, sondern auch wir müssen üben, den richtigen Blickwinkel durch die Gläser zu finden.

Wie lange die Eingewöhnung an deine neue Gleitsichtbrille dauert, hängt stark davon ab, ob du bereits Brillenträger bist oder es sich um deine erste Brille handelt. Sei nicht frustriert, wenn du anfangs Schwierigkeiten hast. Das ist ganz normal.

Wir haben für dich ein paar Tipps, wie du dich schnell an deine neue Sehhilfe gewöhnst:

  • Trage die Gleitsichtbrille konsequent vom ersten Tag an und so lange wie möglich. Auch bei alltäglichen Dingen wie Kochen, Putzen und Fernsehen. Selbst wenn du bei diesen Tätigkeiten noch keine Sehschwierigkeiten hast.

  • Schaue beim Treppensteigen stets geradeaus durch den mittleren Teil der Gläser. Hier befindet sich der Zwischenbereich und du erkennst die Treppenstufen klar und deutlich.

  • Blicke beim Lesen durch die untere Zone deiner Brille, ohne den Kopf zu weit zu senken. Andernfalls verschwimmen die Buchstaben vor deinen Augen.

  • Beim Autofahren musst du durch den oberen Teil schauen, um in die Ferne scharf zu sehen. Benutze die Brille aber bitte erst hinter dem Steuer, wenn du dich ausreichend an sie gewöhnt hast. Achte zudem beim Schulterblick darauf, dass du deinen gesamten Kopf drehst, ansonsten blickst du durch den unscharfen Rand der Brillengläser.

In den meisten Fällen gewöhnen sich die Träger bereits nach wenigen Tagen an die Gleitsichtbrille und haben keine Probleme mehr. Wenn bei dir allerdings auch nach mehreren Monaten Eingewöhnungszeit nach wie vor Nebenwirkungen auftreten, spricht man von einer Unverträglichkeit auf die Gleitsichtbrille. Dann solltest du deinen Augenoptiker oder Augenarzt aufsuchen. Meist hilft es, die Brille neu zu justieren oder ein anderes Brillengestell zu wählen.

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Was kostet eine Gleitsichtbrille?

Gleitsichtgläser sind in der Herstellung komplexer und aufwendiger als Brillen mit nur einer oder zwei Sehstärken. Deshalb sind sie in der Anschaffung im Vergleich etwas kostspieliger als andere. Der Preis variiert, je nachdem für welches Brillengestell du dich entscheidest, ob die Gläser aus Kunststoff oder Glas sind und wie stark deine Alterssichtigkeit ausgeprägt ist. Du musst im Durchschnitt mit Kosten zwischen 400 CHF und 2’000 CHF rechnen. Manche Optiker bieten im Vergleich Einstärkenbrillen ab bereits 50 CHF an.

Der Preis richtet sich zudem stark nach den individuellen Bedürfnissen. Es gibt Gleitsichtbrillen, die ein vergrössertes Sichtfeld haben, wodurch der unscharfe Rand nur minimal wahrnehmbar ist. Ein dünn angefertigtes Brillenglas trägt zudem zu einem höheren Tragekomfort bei. Die Kosten sind dann entsprechend höher.

Der Preis sollte dich aber nicht abschrecken, denn eine Gleitsichtbrille verursacht weniger Folgekosten als Einstärkenbrillen. Denn du benötigst keine Zweit- oder gar Drittbrille zum Autofahren oder für die Arbeit am PC. Eine Gleitsichtbrille vereint all diese Eigenschaften in einem Glas.

Was ist der Unterschied zwischen Gleitsichtbrillen und anderen Brillenarten?

Neben einer Gleitsichtbrille gibt es noch weitere Brillenarten, die unterschiedliche Verwendungszwecke haben.

Einstärkenbrillen können eine einzige Fehlsichtigkeit wie eine Hornhautverkrümmung, Kurz- oder Weitsichtigkeit korrigieren. In die Gläser ist nur eine Sehstärke eingearbeitet. Die Brillen kommen primär bei jungen Menschen zum Einsatz – sie können aufgrund ihrer noch gut funktionierenden Augenmuskulatur die anderen Distanzen gut ausgleichen, auch wenn sie die Einstärkenbrille dauerhaft tragen.

Mehrstärkenbrillen können zwei (bifokal) oder drei (trifokal) Sehbereiche ausgleichen. Ähnlich wie bei Gleitsichtgläsern befindet sich im unteren Teil der Nahbereich, im unteren der Fernbereich und im mittleren Bereich eine Zwischenstufe. Allerdings gehen die Sehzonen nicht stufenlos ineinander über, sondern sind durch eine Trennlinie separiert. Der Übergang in die Nähe beziehungsweise die Ferne ist abrupt und beeinflusst den Tragekomfort.

Lesebrillen gehören zu den Einstärkenbrillen und sind für die beginnende Alterssichtigkeit gedacht, wenn das Lesen zunehmend schwerfällt. Sie vergrössern alles in einer Distanz bis zu einem halben Meter. Alles, was weiter entfernt ist, wird durch die Brille unscharf. Sie ist ausschliesslich zum Lesen gedacht.

Bildschirmbrillen funktionieren ähnlich wie Gleitsichtbrillen, mit dem Unterschied, dass sie speziell für die Distanz und das künstliche Licht eines Computerbildschirms konzipiert sind. Sie korrigieren unscharfes Sehen in einem Bereich von 50 bis 100 cm und sind damit perfekt für die Arbeit am PC ausgelegt. Wenn du jeden Tag vor dem Bildschirm sitzt und körperliche Beschwerden wie brennende Augen oder Kopfschmerzen verspürst, kann eine Bildschirmbrille helfen.

Welche Alternativen zur Gleitsichtbrille gibt es?

Kommst du mit einer Gleitsichtbrille nicht klar oder möchtest ganz auf ein Brillengestell verzichten, gibt es die Möglichkeit auf Kontaktlinsen umzusteigen. Die sogenannten multifokalen Linsen können genau wie Gleitsichtgläser mehrere Sehbereiche stufenlos ausgleichen. Allerdings ist der scharfe Sehbereich noch kleiner als mit einer Gleitsichtbrille und deshalb für viele nicht die perfekte Alternative.

Häufig gestellte Fragen rund um die Gleitsichtbrille

Für wen ist eine Gleitsichtbrille nicht geeignet?

Für Menschen in bestimmten Berufsgruppen ist eine Gleitsichtbrille nicht das Richtige. Technische Zeichner können in ihrer Arbeit etwa durch den unscharfen Rand beeinträchtigt werden. Wenn du Tätigkeiten wie Nähen ausübst, bei denen klare Linien wichtig sind, könnte sich eine Gleitsichtbrille ebenfalls als störend erweisen.

Gleitsichtbrille oder doch lieber zwei Brillen?

Das kommt ganz auf deine individuellen Bedürfnisse und deinen Alltag an. Arbeitest du beispielsweise viel am PC, kann es für dich sinnvoller sein, eine Bildschirmbrille für die Nähe und eine Einstärkenbrille für die Ferne zu besitzen. Kostentechnisch lohnt es sich mehr, in eine Gleitsichtbrille zu investieren, anstatt in mehrere verschiedene Brillen.

Möchtest du ganz auf eine Sehhilfe verzichten, kannst du deine Alterssichtigkeit mittels eines operativen Eingriffes behandeln lassen. Bei einem refraktiven Linsenaustausch wird die körpereigene Augenlinse gegen eine individuell angefertigte Kunstlinse getauscht. So wirst du unabhängig von einer Lese- oder Gleitsichtbrille.

Kann ich Kontaktlinsen und Lesebrille gleichzeitig tragen, statt Gleitsichtbrille?

Grundsätzlich ist es möglich, bei Alterssichtigkeit zu deinen Kontaktlinsen zeitgleich eine Lesebrille zu tragen. Allerdings kann das auf Dauer störend werden. Denn du musst dann deine Lesebrille stets bei dir tragen und sie immer wieder auf- und absetzen. Dann kann es durchaus sinnvoller sein, auf eine Gleitsichtbrille oder Gleitsicht-Kontaktlinsen umzusteigen.

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Céline Jemmi

Optician

Céline Jemmi ist Augenoptikerin EFZ und Hörakustikerin. Nach der Ausbildung zur Augenoptikerin EFZ bei Fielmann in Bern hat sie dort mehrere Jahre gearbeitet, unter anderem in Bereichen wie der Brillenanfertigung, Verkauf und Beratung von Sehhilfen, Brillenglasbestimmungen und Bedarfsopt... Mehr anzeigen

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