Visus (Sehstärke)

Der Visus ist die Sehschärfe des Auges und in der Augenheilkunde die wichtigste messbare Eigenschaft der Sehstärke. Ebenso ist er ausschlaggebend für viele Berufe, bei denen eine uneingeschränkte Sicht Voraussetzung ist. Mit verschiedenen Sehtests kann der Visus genau ermittelt und gegebenenfalls mit einer Sehhilfe angepasst werden.

Der Visus des Auges einfach erklärt

Die Sehschärfe wird in der Augenheilkunde als Visus bezeichnet und gibt an, wie scharf ein Mensch sieht. Er beschreibt die Fähigkeit unserer Augen, die Umwelt mit ihren Objekten und Konturen wahrzunehmen. Der Visus ist ein messbarer Wert und wird in Prozent angegeben. In bestimmten Berufsgruppen wird ein Mindestwert vorausgesetzt und auch beim Autofahren spielt der Visus eine wichtige Rolle.

Leidet man an einer Fehlsichtigkeit, wie etwa Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit oder Hornhautverkrümmung, ist die Sehleistung und somit der Visus eingeschränkt. Dies wird im Rahmen verschiedener Sehtests ermittelt und der Wert wird dann in einen Brillenpass eingetragen. Eine angepasste Sehhilfe (Brille oder Kontaktlinsen) kann den fehlerhaften Visus ausgleichen.

Die Region des schärfsten Sehens ist die Fovea centralis, ein kleiner Bereich in der Netzhaut, der auch Sehgrube genannt wird. Mit einem Durchmesser von gerade mal 1,5 mm ist die Fläche nicht gross und dennoch befinden sich dort an die 6 Millionen Sinneszellen (hier: Fotorezeptoren), die für das Farbensehen (S-, M- und L-Zapfen) zuständig sind. Je mehr Fotorezeptoren funktionstüchtig sind, desto schärfer ist das Bild.

Es wird zwischen verschiedenen Formen des Visus unterschieden:

  • Minimum visibile: Die Form beschreibt, wie weit die Sehkraft eines Menschen reicht und ist somit die Grenze des Sichtbaren. Diese Grenze ist erreicht, wenn das Auge anvisierte Objekte nicht mehr vom Licht der Umgebung unterscheiden kann.
  • Minimum discriminibile: Damit wird die Erkennbarkeitsschwelle für kleine Details zwischen verschiedenen Objekten bezeichnet. Ob man zwei Linien beispielsweise als ruhend nebeneinander oder in Bewegung wahrnimmt.
  • Minimum separabile: Hierbei geht es um das Sehvermögen, eng beieinanderliegende Objekte voneinander optisch zu trennen. Dies ist möglich, da die jeweiligen Konturen unterschiedliche Lichtdichten besitzen.
  • Minimum legibile: Diese Form beschreibt die Lesesehschärfe mit Berücksichtigung des Gedächtnisses, welches die wahrgenommenen Buchstaben in einem sinnvollen Kontext zusammensetzt. So ist konzentriertes Lesen möglich.

Was bedeutet ein Visus von 1,0?

100 % Sehschärfe entsprechen einem Visus von 1,0 und reichen aus, um ohne Sehhilfen scharf sehen zu können. Allerdings sind 100 % Visus nicht automatisch die beste Sehkraft, denn junge Menschen erreichen oftmals einen Wert von bis zu 200 %.

Welcher Visus gilt als normal?

Grundsätzlich gilt ein Visuswert von 100 % oder 1,0 als normaler Durchschnitt. Allerdings hängt dieser Normwert vom Alter ab. Junge Menschen haben eine bessere Auflösungsqualität der Netzhaut und erreichen oftmals einen Visuswert über 100 %, zwischen 1,0 und 1,6. Mit dem Alter nimmt die Elastizität der Linse ab und infolgedessen die Brechkraft. Somit haben Senioren meist einen niedrigeren Visuswert zwischen 0,5 und 1,0.

Ab welchem Visus benötige ich eine Brille?

Ab einem Visus unter 70 % auf dem besseren Auge ist es gesetzlich vorgeschrieben, zum Autofahren eine Brille oder Kontaktlinsen zu tragen. Wenn dich die Fehlsichtigkeit bereits früher beeinträchtigt, ist es ratsam, sich eine Sehhilfe anpassen zu lassen. Grundsätzlich ist es sinnvoll, ab einem Dioptrienwert von +/- 0,5 deine Augen mit einer Sehhilfe zu unterstützen. Denn dann müssen die Augen unter grosser Anstrengung die Fehlsichtigkeit durch Akkommodation ausgleichen, was zu Kopfschmerzen, tränenden und brennenden Augen führen kann.

Wie wird der Visus gemessen?

Der Visuswert kann auf unterschiedlichen Weisen gemessen und für jedes Auge individuell ermittelt werden. Ziel der Sehtests ist es, sowohl die Nahsicht (Nahvisus) als auch die Fernsicht (Fernvisus) zu überprüfen. Die gängigsten Visustest-Methoden im Überblick:

Landolt-Sehtest: Bei diesem Sehtest blickt die Testperson in einem bestimmten Abstand auf eine Sehtafel. Diese besteht aus mehreren Reihen von Ringen, die jeweils an einer Stelle geöffnet sind. Die Ringe werden nach unten hin immer kleiner und die Öffnung befindet sich bei jedem Ring an einer anderen Stelle. Der Betroffene muss angeben, an welcher Stelle sich diese befindet.

Snellen-Sehtest: Hier wird die Visusbestimmung ebenfalls mit einer Sehtafel durchgeführt. Allerdings befinden sich hier Buchstaben statt Ringe auf der Tafel. Die einzelnen Buchstaben sind in Reihen untereinander und in abnehmender Grösse angeordnet. In einem bestimmten Abstand muss angegeben werden, welche Buchstaben erkannt werden.

Werden alle Ringöffnungen beziehungsweise Buchstaben ohne Probleme erkannt, hat er einen Visus von 100 % oder 1,0. Ist dies nicht der Fall, wird der Abstand zur Sehtafel immer weiter verringert, um den Visus berechnen zu können. Zudem wird der Test mit verschiedenen Brillengläsern durchgeführt, um die genaue Sehstärke ermitteln zu können. Die Sehschärfe wird bei allen Tests zunächst auf einem Auge und anschliessend auf dem anderen getestet.

Was ist der Unterschied zwischen Visus und Dioptrien?

Zusätzlich zum Visuswert wird die Sehschärfe mit einem Dioptrienwert angegeben. Der Visus gibt an, wie scharf eine Person sieht, ob sie beispielsweise ein Sehvermögen von 100 % oder 50 % hat. Dioptrie (dpt) dagegen ist eine Masseinheit für die Brechkraft des Auges und wird benötigt, um eine passende Sehhilfe anzufertigen.

Dioptrie bezeichnet eine Fehlsichtigkeit. Je höher die Zahl, umso stärker ist die Fehlsichtigkeit. Steht ein Minus vor der Zahl (z. B. - 0,75) ist der Betroffene kurzsichtig. Ein Plus vor der Zahl (z. B. + 0,75) bezeichnet eine Weitsichtigkeit. Dieser Wert gibt an, mit welchen Gläsern eine Brille ausgestattet werden muss, damit die Person wieder scharf sieht. Den Dioptrienwert findest du auch in deinem Brillenpass.

Welche Faktoren beeinflussen die Sehschärfe?

Verschiedene Faktoren beeinflussen den Visus-Wert:

  • Das Auflösungsvermögen des Augapfels ist ausschlaggebend dafür, wie scharf und detailliert du Objekte erkennst. Es variiert von Person zu Person und hängt stark davon ab, wie der Augapfel geformt ist.

  • Die Qualität der Abbildung auf der Netzhaut beeinflusst den Visus. Je nachdem, wie die einfallenden Lichtstrahlen gebündelt werden, erhalten wir ein entweder scharfes oder weniger scharfes Bild. Dies ist von der Brechkraft der Hornhaut, der Linse und des Augapfels abhängig.

  • Die Objekte in unserer Umwelt haben unterschiedliche Formen, Farben, Muster, Konturen und Helligkeiten, die wir unterschiedlich scharf wahrnehmen. All das sind Faktoren, die den Visus beeinflussen.

  • Die Winkel-Sehschärfe ist ein weiterer Parameter, der benötigt wird, um den Visus zu berechnen. Sie gibt an, in welchem Winkel zwei unterschiedliche Objekte als getrennt wahrgenommen werden.

  • Eine Fehlsichtigkeit beeinflusst den Visus immens. Bei Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit oder Hornhautverkrümmung ist jeweils die Brechkraft des Auges verändert und die Betroffenen sehen in bestimmten Bereichen unscharf.

  • Erfahrungswerte und Erinnerungsvermögen sind ausschlaggebend für unser Sehvermögen und somit den Visus. Je häufiger man bestimmte Objekte bereits in seinem Leben gesehen hat, desto schneller kann man diese erkennen, identifizieren und beschreiben.

  • Das Alter kann den Visus negativ beeinflussen. Während des natürlichen Alterungsprozesses verliert die Augenlinse an Elastizität und somit die Fähigkeit der Akkommodation, also des Scharfstellens. In einem bestimmten Abstand werden Objekte dann nur noch unscharf wahrgenommen. Wir sprechen dann von Alterssichtigkeit.

Wie kann der Visus verbessert werden?

Ein verringerter Visus und eine damit verbundene verschlechterte Sehstärke lässt sich mit einer geeigneten Sehhilfe korrigieren. Zunächst muss bei einem Augenarzt eine Diagnose gestellt werden, woran die Visusverschlechterung liegt. Dann kann bei einem Optiker eine Brille oder Kontaktlinsen zur Korrektur angefertigt werden.

Dabei werden die Brillengläser beziehungsweise die Kontaktlinsen so angepasst, dass die Brechkraft des Auges korrigiert wird und die einfallenden Lichtstrahlen korrekt gebündelt auf der Netzhaut eintreffen. Die Betroffenen sollten jährlich zu einer augenärztlichen Kontrolle erscheinen, da sich Fehlsichtigkeiten verändern und somit verschlechtern können. Die Sehhilfe muss dann gegebenenfalls neu angepasst werden.

Neben einer Sehhilfe gibt es die Möglichkeit, seinen Visus durch eine Augenlaserbehandlung verbessern zu lassen. Hierbei wird in einem kurzen operativen Eingriff die Hornhaut des Auges mit einem Laserstrahl so modelliert, dass sie wieder eine natürliche Krümmung aufweist. Anschliessend können die Personen auf eine Sehhilfe verzichten, da die Fehlsichtigkeit dauerhaft korrigiert wurde.

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